Aerosole und SARS-CoV-2: Aus der Wissenschaft

Beim Atmen, Sprechen, Singen usw. stossen wir respiratorische Aerosolpartikel aus, also Aerosole, die in unseren Atemwegen entstehen. Bei lautem Sprechen, Schreien und Singen sowie beim Sport werden besonders viele Aerosole emittiert. Virosole – also virenbeladene Aerosole – sind effiziente Übertrager von SARS-CoV-2 und generell von Atemwegsinfektionen. Je kleiner diese Partikel sind, desto geringer ist ihre Sinkgeschwindigkeit in der Luft und desto grösser ist ihre Reichweite.

In ihrem Paper Airborne transmission of respiratory viruses berichten Wang et al. über Fortschritte im Verständnis der Übertragung von Atemwegsviren über die Luft basierend auf der Untersuchung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 Infektionen und anderen Pathogenen der Atemwege. Das Paper legt nahe, dass «Airborne Transmission» – also Übertragung über die Luft – für mehrere Pathogene der Atemwege einschliesslich SARS-CoV-2 die dominante Form der Übertragung darstellt.

Superspreading-Ereignisse weisen darauf hin, dass die Übertragung durch Aerosole in Innenräumen eine wichtige Rolle spielt, wie auch die Swiss Science Task Force feststellt. Das Robert Koch Institut (RKI) bezeichnet die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel, auch über grössere Distanzen, als den Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2. Das RKI erwähnt auch die Kontaktübertragung durch kontaminierte Oberflächen als möglichen Übertragungsweg, insbesondere in der unmittelbaren Umgebung einer infektiösen Person. Sowohl die WHO als auch die amerikanische CDC anerkennen, dass SARS-CoV-2 und somit COVID-19 vorwiegend durch Aerosole übertragen wird (Quellen: WHO, CDC).

Auch in der Schweiz sollten die Behörden endlich klarstellen, dass der Hauptübertragungsweg der Luftweg ist, dies in ihre Politik integrieren und die Bevölkerung angemessen darüber informieren. Der Fokus beim Infektionsschutz muss somit auf saubere Raumluft gelegt werden.

Ansteckungen können im Nahbereich (Abstand < 1.5 m) oder im Fernbereich (Abstand ≥ 1.5 m) erfolgen und sind selbst dann möglich, wenn eine infektiöse Person den Raum schon längst verlassen hat, denn Aerosole sind leicht und können über längere Zeit in der Luft schwebend verbleiben. Man kann sich Aerosole wie Zigarettenrauch vorstellen, der in der Luft hängen bleibt, wenn nicht gelüftet wird.

Die Pandemie wird durch bestimmte Infizierte, sogenannte Superverbreiter (englisch superspreader) angeheizt, welche ungewöhnlich viele Sekundärübertragungen verursachen, während die meisten Infizierten nur wenige Personen oder niemand anderen infizieren. Die Anzahl der von einem Superverbreiter direkt Infizierten liegt deutlich über der Basisreproduktionszahl, der Zahl der im Mittel von einer infizierten Person verursachten direkten Folgeinfektionen. Der Überdispersionsparameter ist definiert als der Anteil derjenigen Infizierten, welche die meisten Sekundärinfektionen (direkte Folgeinfektionen) verursachen und insgesamt für 80 % dieser Folgeinfektionen verantwortlich sind (Definition korrigiert am 1.2.2024). Bei SARS-CoV-2 bzw. COVID-19 wird der Überdispersionsparameter auf ca. 10 % geschätzt. Ein Superverbreiter kann in einem Raum mit schlechter Luftqualität gleich mehrere Dutzend Personen anstecken. Saubere Raumluft reduziert das Risiko solcher Ereignisse erheblich.